Mohammad Ibrahim Rahimi und Marie Luise Lehner übersetzen Mohammad Ibrahim Rahimi
Ich bin einmal gestorben.
Ich lerne nie, wie man eine Erinnerung vergisst. Die Beobachtung von ihren ruhelosen Augen kann ich mit meinen Augen nicht mehr machen. Ich schleudere die nackten Kleider nicht auf ihren nackten Körper. Der Tod der Leiche ist noch nicht gestorben und sie verwest noch nicht, sie stirbt jedoch jeden Tag. Die Stimme spielt nicht mit den Ohren der Tauben. Der Sinn der komplexen Sätze dreht die Schrauben nicht heraus. Die Tablette für die Kopfschmerzen der Kopflosen, für ein bisschen Verständnis der Kopfschmerzen und des Verstandes ist sie nicht stark genug. Ein Kugelschreiber, der jedes Heft heiratet, ist ein Verräter, der jeden Tag das Verraten verrät. Ein Fernseher zeigt einen Film und färbt jeden Film nach seinem Willen schwarz und weiß, damit ist mir nicht geholfen. Komm’ durch die Tür, lauer, guter Wind! Das Fenster filtert alle Winde, aufgrund seiner Liebe für die Kälte. Zwei Wände meines Hauses sind längst ineinander verliebt. Sie küssen einander mithilfe des Daches und kommen beieinander an. Die Trümmer sind ihre Kinder und spazieren mit mir. Ich lerne dem Dach, nicht mehr zu vertrauen. Mein Kissen putzt seine Flügel jede Nacht mit meinen Kleidern. Auf Flüge in einer Welt voller Traum nimmt es mich nicht mit. Mein Kissen träumt davon, dass mein schwerer Kopf es nicht mehr belastet. Es wünscht sich, mit einem leeren Kopf zu heiraten. Ich denke nicht nach, weil die Folge meines Denkens gefoltert gestorben ist. Auf alle Fälle denk’ meine Freundin! Wenn du meinen guten Fehler wiederholst, ist das fabelhaft. Wisse, nach all diesen Jahren, dass ich früher schon einmal gestorben bin.
Mohammad Ibrahim Rahimi ist 22 Jahre alt und stammt aus Kabul in Afghanistan. Er ist Schriftsteller und lebt als anerkannter Asylbewerber in Wien.
Marie Luise Lehner (*1995) lebt in Wien und Linz.
Studium am Institut für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst und an der Filmakademie in Wien. Schreibt Prosa, Hör- und Theaterstücke.
Ihre Erzählungen wurden mit Literaturpreisen ausgezeichnet (Kolik-Preis, Jugendliteraturwettbewerb „Sprichcode“) sowie in Anthologien und Literaturzeitschriften (Kolik, Facetten) veröffentlicht. Ihr erster Roman „Fliegenpilze aus Kork“ erscheint im Februar 2017 bei Kremayr&Scheriau
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